BILDUNGS UND INTEGRATIONSBERICHT VORARLBERG

Verfasst von
Aydın Nurhan
Generalkonsul der Republik Türkei in Vorarlberg

Januar 2005

Übersetzung: Ahmet İnan

Dieses “Arbeitspapier” wurde im Rahmen des Zusammenarbeitsprojektes zwischen dem hiesigen Generalkonsulat und der Vorarlberger Landesregierung erstellt.

Es soll damit der Frage nachgegangen werden, weshalb die in Vorarlberg lebenden Türken ein niedriges Bildungsniveau aufweisen bzw. sich der Gesellschaft nicht in entsprechendem Masse integrieren konnten. Darüber hinaus sollen praktische Lösungen eruiert werden.

Als Grundlage basiert dieses “Arbeitspapier” auf stundenlange und tageweise mit den 15 muttersprachlichen Lehrern in Türkisch im Einzelgespräch geführte “brain stormings” sowie auf die gemeinsame kritische Bewertung am 14 Januar 2005.

Obwohl der schwerpunktmässige Inhalt dieser Unterlage auf Aussagen der mutersprachlichen Lehrer, der Jugendlichen und unserer Staatsbürger beruht, distanzierten sich die muttersprachlichen Lehrer vielfach von den angeführten Ideen.

Die zusammengestellte Unterlage soll für “das gemeinsame Komiteé”, das sich aus drei Experten des Ressors Bildung und Schule, einem Experten des Ressors für Familien- und Frauenangelegenheiten sowie des Inneren der Vorarlberger Landesregierung zusammensetzt, als Vor-Information dienen.

Für die Erstellung dieses Arbeitspapiers gilt unser Dank den Lehrern und Lehrerinnen, deren Namen im Schlussteil dieser Unterlage angeführt sind.

I. Einleitung

Als das hiesige Generalkonsulat anging diese Studie zu erstellen, wurde man mit der erschreckenden Tatsache konfrontiert, dass unter den 30.000 Türken im Lande keine 30 Universitätsabsolventen anzutreffen sind.

Man musste auch erfahren, dass die Anzahl der Gymnasialschüler türkischer Herkunft mit 3% nicht gerade rühmlich ist. Von den 30.000 Türken im Lande werden lediglich 200 türkische Zeitungen gekauft. Deutschsprachige Zeitungen dürften weitaus geringer sein.
Was die Integration anbelangt, ist festzuhalten, dass ein Grossteil der Türken entschlossen ist in den Aufnahmeländern in Europa zu bleiben. Es ist allerdings nicht klar, ob die Österreicher diesem Umstand bereit sind.

Die Integration ist derzeit eine Vision und erscheint für die Zukunft nicht mehr als ein guter Wille zu sein.

II. Strategie

Aufgrund der erschreckenden Bildungssituation ist es erforderlich mit tiefgreifenden Fragen die Angelegenheit anzugehen. Das bestehende System ohne strategisch in die Tiefe gehend verbessern zu wollen, dürfte so wie bisher nur eine paliative Besserstellung erbringen.

Beim Herangehen an die Sache sollte deshalb die erste Frage lauten:

Ist Österreich bereit, ein multikulturelles Migrantenland, wie die USA zu werden?

Ist sie dem;

  • bereit als Staat?
  • sind die Medien dem bereit?
  • bereit als Volk?

Bevor diese lebenswichtige Frage beantwortet ist, können weder Bildungs- noch Integrationsstrategien entwickelt werden. Sämtliche Entschlüsse wären verurteilt paliativ und unseriös zu bleiben.

2) Wenn Österreich nicht bereit ist ein Migrantenland zu werden, wie schaut dann ihre Strategie für die Ausländer im Land aus? Wird über die nachstehenden Alternativen gedacht?

a) Langfristig betrachtet sollten die Ausländer Österreich verlassen
b) Falls sie bleiben, sind sie zu assimilieren

Nur wissenschaftliche, seriöse und ergebnisorientierte konkrete Tatsachen können die Studien erhellen. Die moslemischen Türken assimilieren zu wollen, wäre sicherlich ein Wunschtraum, ein Ding der Unmöglichkeit.

3) Integration hingegen bedeutet ein multikulturelles System, das von obiger Alternative, der Assimilation, gänzlich verschieden ist.

Wenn Österreich die Türken als bleibend akzeptiert und sich entschlossen hat dementsprechende Politik zu entwickeln, eröffnen sich folgende Fragen:

a) Kann die Migrantenerfahrung der USA für die Alternative des multikulturellen Zusammenlebens untersucht werden?
b) Ist in Bezug auf die Auswirkungen der Globalisierung auf die Nationalstaaten und im speziellen im Rahmen der EU-Philosophie eine ganz neue Integrationsmodell entwickelbar?
c) Gibt es sonstige Integrationsmodelle?

Die Globalisierung als Bedrohung der nationalen Souverinität führt zu rascher Abnahme von Ober-Identitäten und Wiedererwachen von Unter-Identitäten. In dem Masse die europäische Union stark ist, wird sie in der Lage sein die Auswirkungen der nationalen Identitäten vermindern zu können. Aber sobald sie schwach wird, wird sich auch der ihrerseits geschwächte nationale Zusammenhalt auflösen und möglicherweise zu einer neuen, postmodernen Ära der Clanbildung führen. Es ist deshalb zwingend notwendig, dieser Entwicklung gegenüber, die in ethnische Gewalt oder Rassismus ausarten kann, wachsam zu sein.

4) Für eine langfristige Strategie wären die:

• von den Türken verursachten Probleme
• von den Österreichern verursachten Probleme

ehrlich und sachlich auf den Tisch zu legen und von gegenseitigen Schuldzuweisungen fern, die Zukunft anzugehen.

Hiebei ist jedoch nicht ausschliesslich Österreich gefordert den Problemstellungen eine Anwort zu suchen, sondern auch der türkische Staat muss seriöse strategische Vorbereitungen für die Bewältigung der Probleme ihrer in dieses Land entsandten Bürger- speziell im Hinblick auf den EU-Prozess- treffen. Dies umso mehr, wenn die europäischen Türken Pioniere auf ihrer EU-Perspektive sein sollen.

Nur dann und ausschliesslich dann, wenn diese strategischen Themen offengelegt sind, können klare Politiken entwickelt werden.

Bei einer strategischen Studie wäre beispielsweise abzuklären:

• wird es im Zuge des globalen Wettbewerbs im Jahre 2020 in Voraralberg die Arbeitslosigkeit vorherrschend sein oder wird es eher einen Mangel an Arbeitskräften geben?
• in welcher Bildungsschicht wird der Bedarf im industriellem bzw. Dienstleistungssektor im Jahre 2020 gegeben sein?

Sind entsprechend geplante Bildungsstrategien vorhanden? Falls ja, welchen Platz nehmen dabei die Kinder mit türkischer Herkunft ein?

III. Integration
A. Allgemeine Position

Die wichtigste Bedingung der Integration ist der Wille der Völker. Dabei ist der Wille der Bevölkerung des Aufnahmelandes von enormer Bedeutung. Solange die wirtschaftliche Prosperität vorherrscht, werden Ausländer nicht als Problem angesehen. Aber im Falle der Zunahme der Arbeitslosigkeit im Zuge des globalen Wettbewerbes und des Absinkens des Lebensstandartes bedarf es abgeklärt, ob die Bevölkerung Vorarlbergs bereit ist, ihr Brot mit den Ausländern teilen zu wollen.

Bei Erarbeitung von Strategiestudien wäre parellel der Armutszunahme unbedigt die Zunahme der Fremdenfeindlichkeit bis hin zu unverhofften Dimensionen ernsthaft mitzuberücksichtigen. Werden die zukünftigen Generationen Österreichs von Schulen und durch die Medien für derartige Eventualitäten psychologisch vorbereitet?

Was die Türken anbelangt, so sind sie, wie bereits angeführt, unter den heutigen Voraussetzungen entschlossen in Vorarlberg zu bleiben. Es handelt sich aber um eine Gemeinschaft, die bestimmt nicht zu assimilieren ist. Zudem wäre auch die Eventualität zu berücksichtigen, dass bei Zunahme der Wirtschaftskapazität der Türkei, die derzeit in der Weltwirtschaft mit 395 Milliarden US-Dollar Buruttosozzialprodukt an 16. Stelle liegt, sowie ihrer EU Mitgliedschaft innerhalb von 10 Jahren zu einer freiwilligen Abwanderung von Pensionisten, als auch teilweise von qualifizierten türkischen Arbeitskräften in die Türkei kommen könnte.

Türken mit hohem Bildungsgrad sind für die Integration hoffnungsvolle Pioniere. Armut und Unwissenheit hingegen der Hauptfeind der Integration. Dieser Faktor gilt ebenso für die Einheimischen.

B. Lebensunterschiede

1) Allgemein

Bei der Diskussion der Integrationsfrage wird im allgemeinen der Fehler begangen, dass sie auf der Nationalitäts- und ethnischer Ebene diskutiert wird. Tatsächlich wird das Zusammenleben mindestens ebenso- wenn nicht mehr- von der sozialen Klassenbildung beeinflusst, als vom Faktor der nationaler und ethnischer Kultur.

Es könnten unzählige Faktoren aufgezählt werden, die das Zusammenleben von kulturell hochstehenden Personen mit der ungenügender und rauher Kulturauffassung der unteren Gesellschaftsebenen unerträglich machen können. Das niedrigere Kulturniveau ist für Menschen aller Nationalitäten gegeben, wobei bei dieser Gruppe die Kommunikation und Integration untereinander äusserst problematisch sein kann.

Demgegenüber ist in einer globalisierten Welt die Verständigung von kulturellen und zivilisatorischen Eliten aller Nationalitäten viel leichter und angenehmer.

In diesem Zusammenhang ist die Bildung für die Integration der vorarlberger Türken als Vorbedingung anzusehen. Kulturell gebildete Personen mit Welterfahrung bauen auch ihre Toleranz- und Zusammenlebensfähigkeit aus. Europäer, welche die Türkei bereist haben, denken über die Türkei und über Türken weitaus positiver als jene, die das nicht tun konnten.

Aus der Sicht der Integration wäre es äusserst förderlich, wenn der türkische Staat besonders bei kulturell hochstehenden Europäern den Tourismus in der Türkei bzw. den Erwerb von Feriendomizilen anregen würde.

Bei diesem Vorschlag könnte man vielleicht sogar noch einen Schritt weitergehen und im Rahmen des EU-Prozesses der Türkei, die Europäer in Massen für den Eigentumserwerb sowie Niederlassung in der Türkei anregen. Wenn in Betracht gezogen wird, dass Feindschaft aus Furcht und Unwissenheit entsteht, können Europäer und Türken, die ineinander verzahnt sind, vielleicht auf diese Weise in eine neue Zukunft aufbrechen.

Jedoch, je mehr das kulturelle Niveau sinkt, umso mehr nimmt die Toleranz ab, umso mehr wird das Zusammenleben problematischer, was wiedrum dazu führt, dass sich Menschengruppen abkapseln und in dessen Folge zuerst die psychologische und anschliessend auch die physische Gettobildung erfolgt. In Gettos können keine zivilisierten Organisationen Zustande gebracht werden. Ausser dem verbindenden Religionsfaktor sind auf keiner Ebene Solidarität und gemeinsame Aktionen gegeben.

  1. Praktische Probleme

Türkische Jugendliche in Vorarlberg beschweren sich, sie würden mit berechtigter oder unberechtigter Begründung bei einigen Diskos keinen Einlass finden bzw. bei einigen Lokalitäten und Kinos sie gar nicht oder erst später bedient werden.

Etliche Türken haben mit dem Gefühl des Ausgegrenztseins ihre eigenen Gasthäuser eröffnet und soziale Umfelde gegründet. Sie verbringen ihre Zeit in geschlossenen Kreisen, das ihnen mehr psychologische Wärme vermittelt. Ehegattinnen, die wie ihre Gatten keine Sozialisierungsmöglichkeit haben, sehen sich vermehrt mit psychologischen Problemen konfrontiert.

Die Integrationsbemühungen der einheimischen Stellen werden von Türken nicht als ernsthaft gewollt bezeichnet. Andererseits werde bei den von türkischen wie auch von einheimischen Führungspersonen organisierten Integrationsveranstaltungen kein wirkliches Miteinander von Türken und Österreichern erreicht. Diejenigen, welche solche Veranstaltungen besuchten, handle es sich sowieso um Personen, die sich seit langen Jahren kennen und ein Miteinander haben. Ein wichtiger Grund hiefür, könnte im Mangel der Gemeinsamkeiten liegen.

Zieht man jedoch in Betracht, dass Türken sich hier im modernen Sinne nicht organisieren und Solidarität entwickeln konnten, müssen wir uns in einer Stufe höher überlegen, wie das Miteinander und Solidaritätsgefühl mit den Österreichern erwachsen soll. Dies stellt sich uns als ein ernstes soziologisches Problem dar.

C. Die Bürokratie

Sowohl in der österreichischen wie auch in der türkischen Verwaltung können Bürokraten manchmal in punkto Integration unbedachte und ziellose, manchmal gar emotionale und reaktionäre Handlungen setzen. Im Endergebnis führt es dazu, dass sich die Menschen der Türkei und Österreich noch mehr entfremden und sie sich ausgegrenzt und verlassen vorkommen. Je bürgernah sich Bürokraten geben, dementsprechend baut der Bürger auch ein innigeres Verhältnis zur Bürokratie auf. In dem Ausmass der Bürger ausgegrenzt wird, dementsprechend fällt auch seine Reaktion aus. D.h. die Integration ist in einem gewissen Sinne das Spiegelbild dieser Stellen. Wie sie sich verhalten, so ist die Widerspieglung.

Besonders in Sachen Bildung gäbe es Beschwerden bezüglich der lokalen Bürokratien. So ist die Meinung vorherrschend, in einigen Schulen sollen Direktoren und Lehrer den türkischen Schülern Schwierigkeiten auferlegen. Wenn dies nicht abgehandelt wird, würde sich die Entfremdung und die Hoffnungslosigkeit bezüglich der Integration vertiefen. Genauso gäbe es Beschwerden über bürokratische Hindernisse in der Türkei, die man bei Türkei-Aufenthalten erfahre, was gleichermassen zur Entfremdung zur Türkei führe.

IV. Methodik

Wenn die Zielsetzung die Intergration ist- der türkische Staat plädiert sehr offen dafür- dann könnte sich eine verallgemeinernde, pauschalierende Herangehensweise als irreführend erweisen. Die Integrationspolitik für die erste Generation der sechziger Jahre und für die Kinder des 21.Jhrh. muss gezwungener Massen auf differenzierte Methoden aufbauen.

Die erste Generation von älteren Türken sind im festen Bewusstsein ihrer Identität. Einige von ihnen werden die türkische Staatsbürgerschaft nicht aufgeben. Bei den letzten Generationen hingegen gibt es eine Idetitätskrise. Etliche Jugendliche wissen gar nicht, wo sie hin gehören.

Be Erarbeitung von Strategiestudien gehören die Generationen nach der Fünften mitberücksichtigt. Falls z.B. die Politik des Aufnahmelandes zur Anwendung kommen soll, so gehört abgeklärt, ob die Möglichkeit gegeben ist, dass die Türken spätestens nach der 5.Generation, wie in den USA ihre Muttersprache verlieren könnten?

Türkische wie österreichische Stellen müssten sich dementsprechend einstellen. In diesem Falle wäre es bei den einzuleitenden Massnahmen wichtig, dass die zukünftigen türkischen Europäer auf ihre Herkunft stolz sein können, sich ihrer Herkunft wegen nicht schämen. Falls die Generationen nach der Fünften ihre Muttersprache trotz aller Massnahmen verlieren sollten, müsste dennoch gewährleistet werden, dass sie mit Stolz auf ihre Herkunft verweisen können. Diese Massnahme wäre für ihre gesunde Psychologie ausreichend.

Beim Übergangsprozess könnte man- ohne dass es unbedingt nötig wäre- ausgehend von einigen Beobachtungen folgende Transformations-Szenario durchspielen:

Die erste Generation

Lebt mit ihrer unerschütterlichen anatolischen Identität, hat ihre Investitionen in der Türkei getätigt. Entweder kehrt sie in die Heimat zurück oder bleibt für ihre Enkelkinder in Europa. Für diese Generation, die in ihrer eigenen Welt gelebt hat, bedarf realistisch betrachtet, keiner spezieller Integrationsbemühungen. Einen 65 jährigen Grossvater oder eine Grossmutter, die Analphabeten sind, in den Integrationskurs zu zwingen, dürfte weder realistisch noch als menschlich gelten.

Die zweite Generation

In Europa geboren oder im Kleinkindesalter nachgeholt, ist heutzutage um die 40 Jahre herum. Sie sind selbst Eltern und zum Teil schon dabei Grosseltern zu werden. Diese Generation hat allmählich begriffen, dass sie in den Aufnahmeländern in Europa bleiben wird. Sie hat angefangen ihre Investitionen anstatt in der Türkei, in Europa zu tätigen. So wie die erste Generation hat sie zwar ein festes Identitätsbewusstsein, je mehr sie sich jedoch nach Aussen öffnen, nimmt ihr Verlegenheitsgefühl (Unsicherheit) zu. Diejenigen unter ihnen, die in die Türkei zurückkehren möchten, sind verglichen mit der ersten Generation, relativ gering.

Die dritte Generation

Diese Generation ist gänzlich in Europa auf die Welt gekommen, um die 20 Jahre herum und es handelt sich bei ihnen um Türken, die in Europa sesshaft sind. Ihre anatolisch ländlichen Werte sind ziemlich erschüttert, die europäischen Werte hat sie jedoch noch nicht vollends verinnerlicht.

Die vierte Generation

Bei etlichen Jugendlichen dieser Generation ist ihre Muttersprache zusehends verkümmert, teilweise sind einige nicht in der Lage türkisch zu sprechen. Zur österreichischen Kultur haben sie mehr Bezug als zur türkischen, haben jedoch noch insofern Schwierigkeiten, dass sie sich von der österreichischen Gesellschaft nicht vollends akzeptiert werden. Die glücklichen unter ihnen, die auf einem höheren Kulturniveau sind, sind gänzlich integriert, diejenigen aus der Subkultur befinden sich in einer Wertekrise.

Die fünfte Generation

Einige Ausnahmen ausgeschlossen, wird diese Generation, wenn nicht spezielle und wirksame Massnahmen ergriffen werden, mit grösster Wahrscheinlichkeit ihre Muttersprache vergessen und sich als Österreicher fühlen. Wenn die fünfte und die daruffolgenden Generationen ihre Muttersprache trotz allem vergessen sollten, sind Politiken erforderlich, damit sie auf ihre Herkunft stolz sein können.

Bei Studien unter diesen Perspektiven;

sind die Integrationsaktionen von:

Zentralregierungen, lokalen Stellen, der EU, von NGO’s und schliesslich von Universitäten einzubeziehen und zu hinterfragen, weshalb trotz so viel finanziellem und menschlichem Aufwand das angestrebte Bildungs- und Integrationsniveau nicht erreicht werden konnte.

Hiefür kann man frühere Studien heranziehen, als auch Feldstudien anstellen und die Meinung von Türken und Österreichern bezüglich der Integration einholen.

V. Familienstruktur

Psychologische Probleme hinsichtlich der Diskriminierungsgefühle im Ausland sind verbreitet. Die Eltern kommen überarbeitet nach Hause, die Mütter haben keine Zeit sich ausreichend um ihre Kinder zu kümmern. In den meisten sowieso beengten Wohnungen fühlen sich die Männer nicht wohl. Anstatt ihren Kindern bei den Hausaufgaben behilflich zu sein, flüchten sie ins nächste Gasthaus. Bei Familien, in denen beide Elternteile arbeitstätig sind und das kulturelle Niveau nicht hoch steht, wachsen die Kinder sich selbst überlassen und in psychischer Einsamkeit auf.

Prioritäten der Arbeiterklasse, die in Europa marginal verdienen, sind zunächst eine Wohnung, ein Auto und grenzenloses Geldverdienen. Die materielle Unsicherheit und der mit der Zukuftsangst verbundene Gütererwerb verhindern die Kanalisation der Ersparnisse für die Bildung der Kinder.

Türkische Frauen über dem 40 Lebensalter in Vorarlberg seien zu 34%, und Männer zu 20 % Analphabeten.

Aufgrund der niedrigen Bildungsebene der Familien wird die lebenswichtige Bedeutung der Bildung nicht erkannt, und dieses Bewusstsein auch den Kindern nicht weitertransferiert. Es ist deshalb eine natürliche Folgeerscheinung, dass ungebildete und im besonderen Nicht-deutschsprachige Eltern sich der Bildung ihrer Kinder gegenüber desinteressiert verhalten.

Selbstverständlich lieben die Eltern ihre Kinder und erfüllen deren Wünsche weit über Massen damit sie nicht hinter ihren österreichischen Altersgenossen zurückbleiben. Sie kaufen z.B. ihren Kindern zwar Computer, wissen aber nicht wozu er gut ist. Wenn der Computer anstatt zum Weiterkommen für Spiele verwendet wird und unkontrollierterweise mehr schadet als nützt- über diese Gefahr ist man sich nicht immer bewusst.

Eine weitere soziologisch interessante Beobachtung in Europa ist, dass während in der Türkei in Metropolen studierte einfache Leute vom Land mit der Zeit zum Bürgertum aufsteigen und später nach ihnen kommende assimilieren können, ist in Europa der entgegengesetzte Trend der Fall. Die sich zur Verstädterung anschickenden Neu-Diplomierten werden von der anatolischen Arbeiterkultur assimiliert. Manche kulturell hochstehende Diplomierten meiden daher aus Assimilierungsfurcht die niederschwellige anatolische Kultur, schliessen Ehen mit Europäern oder integrieren sich und entfremden sich ihrer Ursprungskultur gänzlich. Aber auch diese Art der Integration ist keine gesunde Integration der festen anatolischen und der westlichen Kultur.

VI. Ethik

Die Angst vor Identitätsverlust in einer fremden Umwelt führt die Menschen zum übermässigen Festklammern an traditionellen Wertorientierungen.

Die sekuläre bürgerliche Ethik Europas beruht auf nach jahrhundertelang geführten Kämpfen ausgehandeltem Vergleich. Kurz umschrieben basiert dieser soziale Vertrag der Bourgeoisie auf den Satz:

“wenn Du mich nicht achtest und ich Dich nicht achte, verlieren wir beide; wenn ich stehle und Du stiehlst, verlieren wir wiedrum beide.”

Dieses System der Ethikauffassung ist dem menschlichen Geist in ein oder zwei Generationen nicht zu vermitteln.

Wenn ein österreichischer Autofahrer seinen Wagen abbremst und einen Fussgänger freundlich die Strasse überqueren lässt, so tut er dies nicht aus Gottesfurcht oder der Angst vor polizeilicher Gewalt sondern aus seinem bürgerlichem Ethikverständnis heraus, das in Jahrhunderten gewachsen ist. Richtig aufgefasst, führt auch die traditionelle Religionsethik zum ähnlichen Verhalten. Aber in Großstädten weicht das religiöse System bald auf und wenn sie in kurzer Zeit daniederliegt, entsteht bei jungen Menschen ein moralisches Vakuum, da es zur Entwicklung der bürgerlichen Moral mindestens fünf Generationen bedarf.

Der Grund dessen, weshalb es unter den türkischen Jugendlichen Sucht-, und Diebstahldelikte sowie bei den Mädchen angehende Prostution Verbreitung finden, liegt darin, dass bevor die bürgerliche Ethik entwickelt ist, das religiöse Ethikverständnis rasch verfällt.

Kann unter diesen Umständen der Prozess der bürgerlichen Ethikentwicklung beschleunigt werden? Oder muss der Religionsunterricht verstärkt werden, damit die Übergangszeit von fünf Generationen ohne Vakuum fliessend überbrückt werden kann?

Auch dieser Punkt müsste bei einer Studie ernsthaft untersucht werden.

Der Euro-Islam

Die unorthodoxe Kriegsführung, welche die Menschen heimtückisch ermordet, das als heutzutage als islamischer Terror benannt wird, wurde im Ersten Weltkrieg gegen die Osmanen vom britischen Hauptmann Lawrence (Lawrence von Arabien) entwickelt. Diese religiösen Terroristen wurden später von den USA übernommen und in Afghanistan gegen die Sowjetunion benutzt. Wie Frankensteins Monster greiffen sie nun ihren Zeuger an.

Dabei erleiden die gemässigten Moslems in aller Welt Schaden. Als schliesslich auch Europa davon betroffen wurde, ergab sich für die Staaten das Bedürfnis die Kontrolle der islamischen Religion. In der Politik wie auch in der akademischen Welt begann die Suche nach einer neuen, friedlichen, europa-speziellen islamischen Interpretation, bis hin zu einem religiösen Orden, das als Euro-Islam bezeichnet wird.

Diese Suche kann nach der fünften Generation bei den europäischen Türken zu tiefgreiffenden Effekten führen. Deshalb ist es ausserordentlich wichtig, dass zwischen Europa und der Türkei, die in ihrer gesamten Geschichte die islamische Religion in der Theorie wie auch in der Praxis äusserst gemässigt und integrierend praktiziert hat, unbedigte Kooperation erfolgt. Der geringste Fehler auf diesem sehr sensiblem Bereich kann unvorstellbare Kathastrophen zur Folge haben. Es Bedarf daher einer sensiblen und auf guten Willen beruhender Zusammenarbeit aller Verantwortlicher.

Ausserdem sollte auch der folgende Umstand von den Europäern in Freundschaft und realistischer Weise akzeptiert werden:

Türken geben ihre Religion nicht auf. Und solange sie ihre Religion nicht aufgeben, sind sie auch nicht zu assimilieren. Unter diesem Gesichtspunkt ergibt sich die Frage, ob die Türken im Laufe der Zeit in die europäische Gesellschaft mit ihrer unterschiedlichen Religion integriert werden können, wie beispielsweise die Juden, nachdem der Islam nicht weggelöscht werden kann?

Oder sind die Europäer, bedingt durch die Angstschürereien der Orientalisten wie Berard Lewis und ihrer christlicher Orientierung wegen tatsächlich dagegen, dass moslemische Türken in Europa zunehmen und mit der Zeit Geld und Macht gewinnen könnten, nur weil sie Moslems sind? Die europäische Elite müsste auch in dieser Sache ihrer Ideen und Gefühle klar werden, denn endgültige Lösungen sind auf klare und freundschaftliche Ideen aufzubauen.

VII. Generationskonflikte

Wie bereits zuvor beschrieben, haben die ersten Generationen im Ausland zum psychologischen Ausgleich sich fest an die Religion und an Traditionen umklammert. So manche davon sind über das Ziel hinausgeschossen und in die Radikalität abgeglitten.

Familien, die die Modernität mit den traditionellen Werten zu verbinden vermochten, haben in einer relativ ruhig-gemütlichlichen Atmosphäre ihre Kinder erziehen können. Familien jedoch, welche die traditionellen ländlichen Werte auf die dritte bzw. vierte Generation übertragen und diese Werte mit Härte durchsetzen wollten, haben mit ihren Kindern, die ausser Haus mit der Modernität auf Du und Du stehen, Konflikte.

Je mehr die Jugendlichen dem elterlichen Druck ausgesetzt sind umso mehr suchen sie das Glück ausser Haus und bei ihren Freundschaftskreisen. Familiäre Represalien stehen in direktem Verhältnis zum raschen Abbruch mit traditionell-religiösen Ethikauffassung der Jugendlichen.

Als kurzen und einfachen Ausweg für ihre abgleitenden Kinder haben die Eltern die Verehelichung der Kinder mit 18-20 Jahren gefunden. Aber der Grossteil dieser Ehen wird mit der Scheidung beendet. Auf dem radikalen Spektrum sind hingegen Suchtgift- und Diebstahlsbanden, wie auch Prostution entstanden.

Ein ehemaliger suchtgiftabhängiger Jugendlicher, der heute ein ordentlicher Familienvater ist, stellte die Behauptung auf, dass 90% der männlichen und 25% der weiblichen türkischen Jugendlichen in Vorarlberg, Drogen konsumieren. Diese radikale Behauptung wurde von den muttersprachlichen Lehrern als blanker Unsinn abgetan. Relativierende Schätzungen ihrerseits lauteten jedoch 10 bzw. 20%. Einige dazu befragte Landsleute gaben Schätzungen von 20 bis 30% an- mit steigender Tendenz.

Andererseits wurde behauptet, 80% der weiblichen und der gänzliche Teil der Jugendlichen würden- allen traditionellen Represalien zum Trotz- flörten und Discos aufsuchen. Scheidungen sind insbesondere bei Eheschliessungen anzutreffen, bei denen ein Partnerteil aus der Türkei eingeheiratet wurde. Bei Mischehen mit Österreichern liege die Erfolgsquote bei ca. 5%.

A. Probleme der Jugendlichen

Bei den Jugendlichen handelt es sich derzeit um die 3. bzw.4. Generation von Türken. Sie haben sich von traditionellen und religiösen anatolischen Wertorientierungen ihrer Eltern losgelöst, aber das laizistische Ethikverständnis noch nicht vollends verinnerlicht. In dieser Übergangsära könnten die Jugendlichen, die aufgrund der von ihren ungebildeten Eltern ausgehenden Represalien, wie auch aus dem Umstand der ausserhäuslichen Entfremdung in Depressionszustände verfallen, in der Zukunft für die österreichische Gesellschaft zu einer tickenden Zeitbombe werden.

  1. Männliche Jugendliche

Türken leben im allgemeinen in ärmlichen, gettoähnlich abgekapselten Wohnvierteln. Jugendliche, die Zuhause kein eigenes Zimmer haben, werden depressiv und suchen die Rettung ausserhalb der Wohnung. Die Eltern sind arbeitstätig, die Kinder wachsen unbeaufsichtigt auf. Drogen und Prostution eingeschlossen, kommen sie mit diversen Übeln in Kontakt. Arbeitslose Jugendliche werden depressiv und kommen auf Abwege. Die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen von 18 - 25 Jahren in Österreich nimmt rapide zu. Unqualifizierte türkische Jugendliche zählen zu den Meistbetroffenen.

Türkische Schüler mit unzureichender Schulbildung können sich mangels Sprachmöglichkeiten nicht ausreichend ausdrücken, sich mit Worten zur Wehr setzen, was schlussendlich in Gewaltsformen mündet.

Informationen zufolge hat ein suchtgiftabhängiger Jugendlicher monatliche Ausgaben von ca. 400.-EURO. – Addiert man hinzu 200 EURO für Zigarettenausgaben, ergibt 600.-EURO. Eine natürliche Folgeerscheinung für Diebstähle und Sittenverfall. Wennauch die Zahl der türkischen Häftlinge (derzeit 21) noch nicht erschreckende Ausmasse genommen hat, so ist die Tendenz jedoch steigend.

Besonders kulturell unsichere Jugendliche statten sich mit teuren Sportoutfits und nach Möglichkeit mit teuren Autos aus, in der Hoffnung, bei der Gesellschaft Anerkennung zu finden. Andere wiederum haben sich in gewissen Sportarten hervorgetan, um sich beweisen zu müssen.

Wenn die Motivation des “sich beweisens müssens” gut kanalisiert werden könnte, könnte die Minderheitenpsychologie die europäischen Türken weiter anspornen und sie zu ungeahnten Erfolgen führen. In disem Sinne sind die Jugendlichen nicht verloren und könnten bei entsprechender Politik sicherlich Erfolge erzielen.

  1. Die Mädchen

Der Druck konservativer Familien wird von den Mädchen weitaus erdrückender empfunden. Je mehr der Druck, umso mehr entfremden die Mädchen ihren Familien, auch sie suchen, wie die männlichen Jugendlichen das Wohlbefinden auswärts. Die Zahl der Mädchen, die aufgrund der elterlichen Represalien die elterliche Wohnung verlassen und sich prostutieren bzw. unglückliche Eheschliessungen eingehen, nehme zu.

VIII. Vereine

Das auf modern demokratische Weise ihre gemeinsamen Interessen wahrende Vereinsverständnis sei in Vorarlberg unter den Türken nicht ausgeprägt. Türken im Lande seien im allgemeinen apolitisch, hegten gegenüber der allgemeinen österreichischen bzw. der Landes/Regionalpolitik kein sonderliches Interesse, was bedeute, dass sie auch ihre Rechte nicht wahrnehmen und bei erlittenem Unrecht dies akzeptierten.

Unter den türkischen Vereinen sind finanzmässig vor allem die religiös orientierten Vereine erfolgreich. Jeder 5. Türke in Vorarlberg sei mit den Gebetshäusern (Moschee) in Verbindung, sodass durchschnittlich jede Familie in irgendeiner Weise den Kontakt zu einer Gebetsstätte aufrecht erhalte.

Die Motivation bei der Vereinsführung sei eher darauf ausgerichtet um Anerkennung innerhalb der türkischen Gesellschaft zu finden und nicht auf Dienstleistung. Vereinsobleute bilden keine Jugendlichen heran, die eines Tages diese Aufgabe übernehmen könnten, heisst es. Wenn die Obmänner eines Tages ihre Funktion niederlegen, gäbe es beim betreffenden Verein enorme Schwierigkeiten bis hin zur Vereinsauflösung.

Wenn das klassische Selbstverständnis der Vereine zugunsten des “Dienstes am Menschen” umgeformt würde, könnten sich zahlreiche Betätigungsfelder, wie z.B. Lernhilfe für lernschwache Kinder auftun.

Bei Ausbau der Vielfalt der Bibliotheken der Gebetshäuser könnte das Lese-Interesse gesteigert werden. Ehrenamtlich tätige Jugendliche könnten die Buchverteilung auch in Haushalte übernehmen. Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit quartalsmässig Wettbewerbe für Jugendliche wie auch für Erwachsene bezüglich Interpretation des gelesenen Stoffes zu veranstaltet, was für das Lese-Interesse sicherlich förderlich wäre.

In diesem Sinne könnten Vorbeter bei der Freitagspredigt 10 Min. die Bedeutung der Bildung zur Sprache bringen, sowie die Eltern dazu ermuntern ihre Ersparnisse hauptsächlich für die Bildung ihrer Kinder einzusetzen.

Türken in Vorarlberg sind sehr heimatverbunden und hängen an ihrer Heimat. Ebenso wächst die Verbundenheit zu ihrer neuen Heimat. Sie sind aber der modernen demokratischen und praktischen Nationalauffassung weniger bewusst. Sie sind nicht in der Lage bei gemeinsamen Problemen, wie auch zur Interessenswahrnemung sich beim Minimalkonsens zu treffen und wirksam zu agieren. Was die demokratische Organisation anbelangt, wäre es vielleicht förderlich, wenn Kurse und Informationsveranstaltungen von österreichischen wie auch von türkischen Stellen angeboten würden.

IX. Die Bildung

Die Bildungssituation türkischer Jugendlicher in Vorarlberg gereicht weder der Türkei noch für Österreich zum Ruhme. Der erste Lösungsansatz muss deshalb nicht beim Kind sondern im Elternhaus ansetzen. Mit der Bildung sollte man bereits in der Schwangerschaft beginnen.

Allgemein

Wie im allgemeinen Integrationsteil beschrieben, scheint die spezielle Situation der Türken ohne strategische Alternativen nicht lösbar.

Aufgrund demographischer Entwicklungen könnten beispielsweise österreichische Volksschulen geschlossen, Lehrer arbeitslos werden. Was wäre in einer solchen Strategie die Situation türkischer Schüler? Oder wieviele türkenstämmige Lehrer will Österreich ausbilden? Oder welche Rolle haben in Österreich geborene, österreichische Lehrer mit türkischer Abstammung bis heute zwischen Österreich und den türkischen Familien übernommen? Welchen Beitrag haben sie auf dieser Ebene geleistet? Gibt es eine akademische Studie diesbezüglich? Könnte im strategischen Plan beispielsweise das Interesse türkischer Jugendlicher für den Lehrerberuf erweckt werden?

Wie bereits zu Beginn hervorgehoben: erfolgt die Erteilung des muttersprachlichen sowie der Religionsunterrichtes, weil sie für die Integration als sinnvoll erachtet werden oder mit Widerwillen? Werden diese Unterrichte längerfristig für Österreich als nützlich oder als schädlich betrachtet?

Wenn über diese Punkte Klarheit herrscht, müsste die Entscheidung auch konsequent angewendet werden und die entsprechende Finanzierung gänzlich gewährleistet sein.

A. Kurse während der Schwangerschaft

Bei näherer Betrachtung der Vergangenheit von herausragenden Persönlichkeiten wird sichtbar, dass deren Basis auf eine zärtlich gütige, und aufgeschlossene Mutter fusst.

Kinder von ungebildeten Müttern sind bei der Bildung nicht so chansenreich wie Kinder gebildeter Mütter.

Deshalb gehört der kulturellen und sprachlichen Bildung der zukünftigen türkischen Mütter in Europa besondere Beachtung geschenkt.

Insbesondere während der Schwangerschaft ist es erforderlich den zukünftigen Eltern Kurse bezüglich Kinderpflege und Kindererziehung zu erteilen. In diesen Kursen gehört den Eltern vermittelt, dass das grösste Hab und Gut eines Menschen auf Erden sein Kind ist, dessen richtige Erziehung und Bildung mehr als alles andere auf der Welt zählt, dass Kinder ohne angeschrieen und geschlagen zu werden liebevoll zu erziehen sind. Den Eltern ist bewusst zu machen, dass in einem Haus, in dem gestritten wird, keine ruhigen Kinder zu erwarten sind.

Nachdem ungebildete und unwissende Menschen nicht zum Kursbesuch zu erzwingen sind, kommen folgende zwei Alternativen in den Sinn:

  1. Pedagogen und Familienhelferinnen könnten Hausbesuche durchführen,
  2. An Kursen teilnehmenden Paaren könnte zur Motivation eine Prämie in Höhe von 20.-EURO sofort ausbezahlt werden.

Dies könnte zwar durchaus kostspielig sein, aber als längerfristige Investition betrachtet, wäre die Gegenleistung wie auch als Präventivmassnahme für soziale Unannehmlichkeiten gedacht, sehr wohl von grossem Vorteil.

Für ein derartiges Projekt könnte man eventuell auch in Erwägung ziehen Finanzhilfe bei der EU beantragen.

B. Die ersten zwei Jahre nach der Geburt

Die lebenswichtige Bedeutung der ersten drei Lebensjahre im Gehirnsystematik wie auch im seelischen Wohlbefinden der Kinder gehört den Eltern bewusst gemacht. Wenn die Kindeseltern ungebildet oder artbeitstätig sind, könnten dem Kind ab der Geburt bis zum 1.Lebensjahr mittels CD- oder Casettenplayer Schlaflieder vorgespielt werden. Wenn die Eltern nicht zu Hause sind, könnte diese Aufgabe auch von den älteren Geschwistern übernommen werden. Entsprechende Casetten oder CD’s könnte das Ministerium für das Erziehungswesen der Republik Türkei den Fachleuten in Auftrag geben.

C. 1 – 3. Lebensjahr

Während der ersten drei Lebensjahre lesen die Eltern ihren Kindern keine Geschichten vor. Wenn sie’s auch täten, so könnten doch Aussprachefehler gegeben sein. Oder, wenn Mütter, die nicht richtig Deutsch können, versuchen ihren Kindern türkisch und deutsch vermischt beizubringen, könnte dadurch die kindliche Logik-Entwicklung geschädigt werden.

Um dieses Problem aus der Welt zu schaffen, könnte das türkische Erziehungsministerium bei Theaterschauspielern mit schöner türkischer Aussprache Geschichtencasetten oder CD’s für ein bis dreijährige Kinder in Auftrag geben. Mit entsprechenden Kapangen könnte man dafür Sorge tragen, dass diese Tonträger den Kindern auch tatsächlich vorgespielt werden. Das würde den Kindern dazu verhelfen, einerseits ein sauber gesprochenes türkisch zu erlernen, wie auch insbesondere das Urteilsvermögen in Gang zu bringen. Die Kindeseltern könnten dazu angehalten werden, die gehörte Geschichte von ihrem Kind nacherzählen bzw. interpretieren zu lassen. Während dieser Periode sollte dem Kind überhaupt nicht deutsch beigebracht werden.

• Aus einer Studie des Zukunftsministeriums geht hervor:

“Das Kind erlernt die abstrakten Begriffe in der Muttersprache. Bei Kindern mit unzureichender Muttersprache wird die geistige Entwicklung beeinträchtigt, die schulische Erfolgsbilanz in Gymnasien und weiterführenden Schulen bleibt aus.”

D. 4 – 5 Jahre (Kindergarten)

Nachdem die türkenstämmigen Kinder von unzulänglich gebildeten Eltern erzogen werden, erfolgt der Schuleintritt recht unvorbereitet. Sogar die Sprachkompetenz in Türkisch ist nicht gegeben.

Im Kindergarten hingegen macht sich meist die geistige und körperliche Undiszipliniertheit bemerkbar. Wenn zu dem noch Sprachdefizite aufweisende türkische Kinder sich mit ihren einheimischen Altersgenossen anfreunden wollen, die diszipliniert mit festen Sozialisierungsregeln und mit Verantwortungsgefühl aufgewachsen sind, dann stellen sich Probleme ein.

Bei Kindergartenklassen mit geringer Anzahl von türkischen Kindern ist die Anpassungsperiode kürzer, bei hoher Anzahl hingegen wird sie grösser- dementsprechend die aufgeworfenen Probleme.

Eine speziell für türkische Kinder ausgerichtete Kindergarten-Politik ist nicht gegeben. In Vorarlberg gibt es lediglich zwei türkische Kindergärtnerinnen. Wenn der Bedarf an türkischen Kindergärtnerinnen gegeben sein soll, so sollten sie im Rahmen eines Planes in allen Kindergärten vertreten sein, ist jedoch der Bedarf nicht gegeben, so sollten sie gänzlich fehlen.

Wie auch in der Studie des Zukunftsministeriums festgehalten, ist die muttersprachliche Kompetenz des Kindes unumgänglich. Die Unzulänglichkeit des bestehenden Systems scheint offenbar. Vielleicht könnte man darüber nachdenken, ob in Regionen mit dichtem türkischen Bevölkerungsanteil gesonderte Kindergärten mit türkischen Kindergärtnerinnen eröffnet werden könnten?

Türkische Kindergärten könnten die Aufgabe übernehmen, Kindern, die von zu Hause aus mit Hilfe der Eltern bzw. von Tonträgern ein sauberes Türkisch, damit bedingt ein besseres Urteilsvermögen mitbringen, diese weiter zu festigen. Im Kindergarten könnten auch erstmals idetitätsfestigende kulturelle Werte vermittelt werden, den Kindern Geschichten und Epen erzählt werden.

E. 6. Lebensalter (Kolleg-Vorbereitungsklasse)

Türkische Eltern befürchten, dass ihre Kinder mangels Deutschkenntnisse in Sonderschulen kommen. (Sonderschulen werden als Schulen für geistig zurcükgebildete Kinder bezeichnet). Denn die Zuordnungsrate betrüge 20%. (Anteil der Migratnekinder in Sonderschulen sei 49%, hievon 85 % türkenstämmige Kinder). Hinzu komme, dass die Eltern vor den Lehrern eine gewisse Scheu haben. In der Befürchtung, dass System würde sowieso Zugunsten der Lehrerschaft entscheiden, würden sie davor zurückschrecken ihre Rechte wahrzunehmen, wenn ihrem Kind Schaden erwächst.

In der Tat liege die Erfolgsquote der türkenstämmigen Schüler in Mathematik bei 70%; in den sozialen Fächern hingegen sinke diese Rate. Auch dieser Umstand würde belegen, dass türkische Kinder intelligenzmässig keine Probleme haben.

Die niedrige Erfolgsquote von Kinder mit Sprachdefiziten ist verständlich. Der Unterricht mit Unterstützung des muttersprachlichen Lehrers führt nicht zur eigentlichen Lösung.

Eine echte Lösung des Problems könnte darin liegen, die Methode der Vorbereitungsklassen bei ausländischen Kollegs in der Türkei, zumindestens als Pilotprojekt in Vorarlberg zu versuchen. Dieses Verfahren, welches in den Kollegs mit ausländischem Lehrplan in der Türkei geführt wird, verzeichnet jedenfalls enormen Erfolg. Es wäre verwunderlich, wenn sie in Österreich nicht funktionieren sollte. Die Bezeichnung dieser Übergangsklassen als Kollege-Vorbereitungsklassen würde psychologischen Befürchtungen der Eltern entgegenwirken. Nach einem Jahr mit ausschliesslichem Deutschunterricht könnten die Kinder dann im Folgejahr mit ihren Altersgenossen auf selbigem Sprach-Niveau in die Volksschule eintreten.

Das derzeitige System ist dermassen erfolglos, dass die türkischen Fernsehsender daheim, den Deutschunterricht in den Schulen mit Leichtigkeit überwinden können.

F. Volksschule

Nach der PISA-Studie liegt Österreich unter 40 Ländern an 18. Stelle. Einige Kreise sind bestrebt die Schuld daran auf türkische Kinder abzuwälzen. Im Grunde genommen zeigt dieses Ergebnis, die Ungeeignetheit des Bildungsprogrammes für türkische Kinder.

Eine andere Vereinfachung liegt darin, dass in Österreich im muttersprachlichen Unterricht Bücher verwendet werden, die in Deutschland zur Anwendung kommen.

Ein Schüler, der die Klasse wiederholen muss, verursacht dem österreichischen Staat Unkosten in Höhe von 9.000 EURO. Allein wirtschaftlich betrachtet, wäre eine Investition für türkische Kinder und deren Erfolg für den österreichischen Staat kostengünstiger.

IV. Mittelschule

Während der schulpflichtigen Mittelschule (HS) tragen die Schüler auch die psychologische Bürde der Pubertät mit sich. Im Triangel Gesellschaft, Schule und Familie werden sie depressiv.

In dieser Zeit beginnt auch die Suche nach der Identität und nach den Wurzeln.

Familien in der unteren Einkommensskala in Österreich tereten nicht in Bildungskonkurenz, wie es in der Türkei der Fall ist. Sie bevorzugen den kürzeren Weg, nämlich den alsbaldigen Eintritt der Kinder ins Berufsleben, damit sie zum Haushaltsbudget beitragen. Zu dieser Einstellung gesellt sich auch die Hoffnung, die frühzeitige Eheschliessung könne ein geeignetes Mittel zur Verhinderung gesellschaftlichen Abgleitens sein. Dadurch wird jedoch wiedrum die Bildung in der Lebenspriorität vernachlässigt.

In dieser Situation nimmt der Lernwille der türkischen Kinder naturgemäss ab. Ebenso ihre zukünftigen Zielvorstellungen. Mit den Worten eines Landsmannes beschrieben, bestehe die einzige Vision der türkenstämmigen Jugendlichen darin “ohne Bildung reich zu werden und Sportautos mit 400 PS zu fahren.”

Türkische Familien, angesprochen auf ihr Desinteresse an der schulischen Bildung ihrer Kinder, führen zu ihren Selbstschutz an, die türkischen Schüler würden von den einheimischen Pedagogen als Depot verwendet, um die Schülerzahl im Folgejahr zu kompensieren, d.h. einige Kinder würden absichtlich zur Klassenwiederholung angehalten. Die einheimischen Eltern würden zudem die Lehrerschaft bedrängen, damit ihre Kinder in Gymnasien aufgenommen werden, weshalb für türkische Schüler keine Kontingente übrigblieben.

Das österreichische Schulsystem ist darauf ausgerichtet den Erfolg der Schüler zu messen. Eigentlich gehört zunächst der Erfolg der Familien, anschliessend der Lehrer gemessen. Dies brächte auch die Hinterfragung des Systems mit sich, was auch das Resultat der PISA-Studie ist.

V. Hochschulbildung

Der Anteil türkischer Kinder auf Hochschulebene beträgt ca.eine Promille. In Vorarlberg mit seinen 30.000 Türkenstämmigen ist es ausserordentlich schwer, 30 Universitätsabsolventen ausfindig zu machen. Unter Bedachtnahme des Prozentsatzes bei den Gymnasialschülern mit 3 %, erscheint Aufklärungsarbeit bei den Eltern unabdinglich.

Das Projekt zur Heranbildung von Eliten

Im Rahmen des EU-Prozesses der Türkei werden europäische Türken gewollt oder ungewollt die Pionier-Rolle übernehmen. Es wäre deshalb förderlich bereits jetzt eine “Europäische Türken-Elite” heranzubilden.

In diesem Sinne könnten für hochbegabte türkenstämmige Kinder Elite-Schulen (Kollegs) eröffnet werden. Eventuell könnte man in Zusammenarbeit mit jenen Staaten, die in der Türkei Schulen führen, adäquate Schulen in Europa errichten. Es könnten dies die Schwesterschulen vom deutschen und österreichischem Gymnasium Galatasaray sein. In diesen Schulen könnte der selbe Lehrplan wie in der Türkei mit den selben Türkisch-Fächern zur Anwendung kommen. Es wäre sogar sinnvoller, diese Schulen in Internatsform zu führen.

Der türkische Staat, der in Dschidde in Saudi Arabien eine Schule für 1000 Schüler unterhält und die gesamten Kosten dafür trägt, müsste mit Leichtigkeit 5 bis 10 ähnliche Schulen in Europa unterhalten können. Diese Minimalkosten dürften für das Etat keine besondere Belastung darstellen. Das Problem liegt eher im Bemühen, für die im Ausland unter schwierigen Umständen lebenden Kinder gewissenhafte Lösungen zu suchen. Seit 40 Jahren hat sich keine Bildungsdelegation nach Vorarlberg begeben um die hiesigen Lehrer anzuhören. Mit einer einzigen Ausnahme hat sich auch kein Botschaftsrat für das Bildungswesen nach Vorarlberg begeben, um mit den Lehrern Kontakte herzustellen und gewissenhaft Lösungen für die Kinder zu suchen.

In selbiger Weise hat weder der Bundes- noch die Landesregierung die im Land befindlichen muttersprachlichen Lehrer zusammengerufen, um ihre Ansichten einzuholen bzw. aus ihren Erfahrungen zu profitieren oder einen Bericht erstellen zu lassen. Die hiesigen Behörden haben weder vom Volk noch vom türkischen Staat deren Vorstellungen eingeholt.

Im grossen EU-Konzept könnte im grunde genommen allen türkenstämmigen, die in Europa einen Universitätsabschluss gemacht haben, das Recht auf Freizügigkeit eingeräumt werden. Diesbezügliche Gegenstimmen könnten wegen “Brain Drain” aus der Türkei bzw. wegen Fremdenfeindlichkeit aus Europa laut werden. Für nach aussen abgekapselte Wirtschaften und Geiste wären diesbezügliche Einwände berechtigt, nicht jedoch für die Auffassung eines gemeinsamen Europas.

Im selbigem Sinne könnte man überlegen, das vom hiesigen Generelkonsulat inizierte “Young Professionals” Projekt europaweit auszudehnen. Das Projekt sieht vor, dass ca.30 türkische Akademiker einmal im Monat gemeinsam Mittagessen, wobei ein Ehrengast (auf ihren Gebieten erfolgreiche Menschen) über ihre Lebenserfahrungen referieren und somit jungen Menschen einen Horizont mit 360 Grad eröffnen.

Diese gemeinsamen Mahle würden einerseits die Freundschaft und die Solidarität der gebildeten jungen Menschen festigen, andererseits für nachfolgende Jungendliche beispielhaften Charakter haben. In der zweite Etappe des Projektes werden in der selben Anzahl österreichische Jugendliche an den Mahlen teilnehmen, wodurch freundschaftliche Beziehungen zwischen der türkischen Pionier-Elite und ihren österreichischen Kollegen entstehen können.

Schliesslich wird in nicht allzu ferner Zeit aus den gebildeten anatolischen Jugendlichen eine erlesene Elite entstehen, die über einen Horizont von 360 Grad verfügt, über globale Zusammenhänge bescheid weiss, die, das klassische, enge und feudale Vereinsverständnis sprengen. Sie könnten die Führungsrolle für europäische Türken im 21.Jhdt. sein

Die Türkei und die Republik Österreich müssten wissen, dass diese Projekte langfristig betrachtet, ausserordentlich erfolgreiche Ergebnisse erbringen könnten, weshalb man sie mit staatlichen Förderungen, den EU-Subventionen, kurz mit allen finanziellen und geistigen Mitteln unterstützen sollte.

Schliesslich ausgehend davon, dass die Türkei, die derzeit mit Europa sehr eng verknüpft ist und langfristig EU Mitglied werden wird, könnte darüber nachgedacht werden, in den europäischen Schulen Türkisch als zweite Fremdsprache anzubieten.

Im EU-Prozess der Türkei könnte man zwischen Vorarlberg und der Türkei auch über verstärkten Lehrer- und Schüleraustausch nachdenken.

Religionsunterricht

Die ideologisch radikale Auseinandersetzung von pro und kontra Kreisen in der Türkei führt in Bezug auf den Religionsunterricht in eine Sackgasse. Während in der Türkei untersagt ist, Kindern unter 12 Jahren Religionsunterricht zu erteilen, hat die Republik Österreich diesbezüglich keine Bedenken. Nach Österreich entsandte Seelsorger des türkischen Staates erteilen unter zwölfjährigen Kindern ebenfalls Religionsunterricht, um nicht hinter den übrigen religiösen Gruppen zurück zu bleiben. Damit verstricken sie sich in Widersprüche.

In Österreich ist der Islam seit 1912 staatlich anerkannt. Religiöse Feiertage und Minaretts hingegen noch nicht. D.h. der Islam ist in Österreich im Grunde genommen zur Hälfte anerkannt. Der muttersprachliche unterricht ist kein Pflichtfach- der Religionsunterricht ist Pflicht. Gegenüber den 119 muttersprachlichen Lehrern gibt es deshalb ca. 300 islamische Religionslehrer. Von den meistens nicht qualifizierten Religionslehrern sind 70 Türken.

Einige türkische Familien sind mit den Religionslehrern nicht glücklich.

In einem wirklich laizistischen Erziehungssystem könnte in einem einzigen Unterricht sämtliche Religionen und Ethiklehren von Vertretern aller Religionen gelehrt werden. Das Christentum wird am Vormittag unterrichtet, wenn die Kinder aufnahmefähig sind- die türkischen Kinder warten draussen. Der muttersprachliche Unterricht wird am Nachmittag, wenn die Kinder müde und überdrüssig sind, erteilt.

Etliche türkische Familien sind gegen die Erteilung des islamischen Religionsunterrichtes in Deutsch. Langfristig gehört dieser Umstand einer nochmaliger Überprüfung.

Der muttersprachliche Unterricht

Der muttersprachliche Unterricht wird nachmittags, wenn die Kinder übermüdet sind abgehalten, weshalb die Kinder den mit diesem Wahlfach konkurierenden Musik- oder Turnunterricht bevorzugen. Einige Schüler fälschen gar die Unterschrift des Erziehungsberechtigten, um diesem Kursus fernzubleiben. Die Teilnahme am muttersprachlichen Unterricht ist gering. Von den 4700 Schülern nehmen 2500 daran teil. Auch für diese Schülerzahl sind die 11 muttersprachlichen Lehrer nicht ausreichend. Es gibt hinsichlich der Unzulänglichkeit der Lehrbücher ernsthafte Beschwerden.

Ausser den 11 muttersprachlichen Lehrern gibt es in Vorarlberg 4 türkenstämmige Lehrer, die in Österreich ausgebildet worden sind und im Landesdienst stehen. 30 Lehrerinnen, die nach Vorarlberg geheiratet haben, sind als Hausfrauen tätig und finden keine Verwendung.

Die muttersprachlichen Lehrer sind Vertragsbedienstete (Jahresvertrag). Vorgeschriebene Wochenstunden sind 22. Das Einkommen richtet sich nach den Unterrichtsstunden, der Durchschnittsgehalt beträgt 1500 EURO. Der Gehalt dürfe nicht unter die 750 EURO-Grenze fallen. Wegen des niedrigen Einkommens und des Vertragsverhältnisses haben die Lehrer keine (Zukunfts-) Sicherheit, sodass sie, wie die übrigen Staatsbürger ernshafte finanzielle und psychologische Sorgen haben. Die Lehrer fühlen sich gebrochen und sich selbst überlassen. Ihnen gehört ein neuer Geist, neue Ziele und Dynamik vorgegeben. Einige Lehrer mit finanziellen Sorgen versuchen mit Privatunterricht ihr Budget wenigstens ein klein wenig aufzubessern.

Nachdem der muttersprachliche Unterricht nicht Pflichtfach sondern vom Willen der Familien abhängt, sind die Lehrer gezwungen die Familien aufzusuchen um für die Abhaltung des Unterrichtes die erforderliche Mindestteilnehmerzahl von 12 Schülern zusammen zu bringen. Einige ungebildete Familien- unbewusst des kulturellen Bedürfnisses des Kindes- sagen gar “wir schicken das Kind, damit der arme Lehrer nicht Hunger leiden muss”. Einige wiederum lassen das Kind am muttersprachlichen Unterricht nicht teilnehmen, weil der Lehrer ein “Religiöser” oder ein “Kemalist” (Anhänger Atatürks-Laizist) sei.

Tatsächlich erfüllen die muttersprachlichen Lehrer für die Kinder, die in der heimischen Atmophäre sich verlegen vorkommen, die Funktion einer Art “des sich psychologischen Abladens”, einer Art von Sorgenvater. Am muttersprachlichen Unterricht teilnehmende Kinder sind in den übrigen Schulfächern erfolgreicher und im schulischen Verhalten sozialer. Ihre überschwänglich ausufernde Verhaltensweise ist reduzierter; sie sind selbstsicherer.

Muttersprachlicher Unterricht von zwei Stunden in der Woche ist unzureichend. Eigentlich bedarf es langfristig einer tiefgreifenden Reform des Systems. Kurzfristige Massnahmen zur Motivierung der Unterrichtsteilnahme könnten Aufrufe an der Anschlagstafel im Generalkonsulat sein. Desweiteren wäre geeignet, mittels Video im Wartesaal den Parteienverkehr darauf aufmerksam zu machen. Diesbezüglicher Briefpost wäre auch ein geeignetes Mittel.

Unterstützungskurse

Der niedrige Schulerfolg türkischer Schüler ist konkretes Faktum. Das Desinteresse und die Unwissenheit der Eltern als Hauptfaktor dessen, ebenso.

In diesem Falle müsste die Antwort darauf, die Unterstützung der Kinder ausserhalb der Familie lauten.

In welcher Form könnte die Unterstützung (Förderung) sein?

Nachmittags nach dem Unterricht:

a) Unterstützung bei den Hausaufgaben unter schulischer Betreuung.
b) Nachhilfeunterricht in Fächern, in denen die Schüler schwach sind.
c) Hausbesuche der Begleitlehrer, die lernschwache Kinder aufsuchen und den Werdegang beaufsichtigen.
d) Hausbesuche der Begleitlehrer, um die Eltern ständig in Sachen Bildung aufzuklären.
e) Freiwillige österreichische Familien, die für problematische türkische Kinder die Elternschaft übernehmen.

Neben den staatlich geförderten Kursen wird den Schülern hauptsächlich von religiösen Gruppen religiöses Wissen vermittelt oder ihnen in technischen Bereichen Förderunterricht erteilt. Die Kommunen unterstützen derartige Kurse auch finanziell.

Ausserdem wird von Lehrern in Privatunterricht bzw. in professionellen Einrichtungen Nachhilfe-Unterricht erteilt. Familien mit entsprechendem Einkommen sollten motiviert werden, ihre Kinder von diesem Angebot profitieren zu lassen.

Weiters sollte man finanziell gutgestellte Familien motivieren ihre Kinder in private Elite-Schulen einschreiben zu lassen, und falls sie die Möglichkeit haben ihre Kinder in berühmten europäischen oder amerikanischen Universitäten studieren zu lassen. Die Eltern sollten für ihre erfolgreichen Kinder alle Möglichkeiten in Gang setzen.

Neben all diesen Möglichkeiten gibt es die Lehrlingsausbildung, wie auch ausserschulische Kurse. Das Interesse arbeitsloser türkischer Jugendlicher könnte für eine Lehrlingsausbildung oder für Kurse gefördert werden. Anstatt zum Mindestlohn eine Arbeit anzunehmen oder insbesondere Jugendliche, die mit dem Arbeitslosengeld dem Müssiggang frönen, könnten für diese Kurse gewonnen werden. Denn Jugendliche, die sich das Arbeitslossein und den Müssiggang angewöhnen, gewöhnen sich diesen Lebensstil an und bevorzugen danach lebenslang mit sozialer Unterstützung ihr Leben zu fristen.

Praktische Vorschläge

Neben tiefgehenden Reformen gibt es auch sofort umsetzbare praktische Dinge.

Das türkische Ministerium für Erziehungswesen könnte beispielsweise den muttersprachlichen Lehrern zur Wissensauffrischung sowie Erfahrungsaustausch bei ihren Türkei-Ferien fünftägige Seminare anbieten. Dabei könnte man einerseits von der jahrelangen Erfahrung der Lehrer profitieren, wie auch ihnen die neuesten Entwicklungen in der Türkei vermitteln. In Bezug auf die schulische Bildung der türkenstämmigen Jugendlichen in Europa könnten dabei ganz originelle, innovative Ideen aufkommen.

Das Ministerium für das Erziehungswesen könnte, wie in der Türkei auch in Europa Schulbücher verteilen.

Unter Bedachtnahme, dass der türkische Staat mit Millionenaufwand an US-Dollars internationale Konferenzen veranstaltet und auf diesem Gebiet über entsprechendes Fachwissen verfügt, könnte man für die Zukunft der türkischstämmigen Jugendlichen in Europa auch jährliche Konferenzen zum Thema “Europäische Türken- Bildung und Integration” veranstalten. Zu diesen Tagungen könnte man führende türkische und europäische Fachleute aus den Bereichen Bildung und Soziologie einladen und für bestehende Probleme gemeinsam tiefgreifende Lösungen suchen. All diese Veranstaltungen könnten unter der EU-Mitgliedschaftperspektive der Türkei durchgeführt werden. Das Finanzvolumen dieser Konferenzen darf- verglichen damit, dass die Kinder unser grösstes Hab und Gut sind- nicht als hoch einzustufen sein.

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